Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik verteilt nach dem Anstich Freibier in die Menge.
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Beim festlichen Anstich gibt's Freibier, so ist es Tradition auf der Erlanger Bergkirchweih. Dementsprechend groß ist der Andrang.

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"Der Berch ruft" – Erlanger Bergkirchweih hat begonnen

Am Nachmittag hat Erlangens OB Florian Janik das erste Bierfass auf der Erlanger Bergkirchweih angestochen. Damit startete das älteste Bierfest Deutschlands in die 269. Auflage. Rund eine Million Gäste werden bis zum 27. Mai am "Berch" erwartet.

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Nur zwei Schläge brauchte Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD), dann war das erste Bierfass der diesjährigen Bergkirchweih angestochen. Zum Bieranstich gab's Freibier – danach kostet die Maß des eigens gebrauten Festbiers heuer zwischen 13 Euro und 13,50 Euro.

Das Fest auf den Bierkellern am Erlanger Burgberg dauert bis zum 27. Mai. Größte Attraktion unter den Fahrgeschäften ist in diesem Jahr ein 86 Meter hoher Freefall-Tower. Mit rund 50 Metern Höhe ist das Riesenrad, das schon aus optischen Gründen zur Bergkirchweih gehört, rund fünf Meter niedriger ausgefallen als in den vergangenen Jahren.

Securities sollen Cannabis-Konsum am Berg unterbinden

Ein Thema für das Sicherheitspersonal ist der Cannabis-Konsum, der ja inzwischen legalisiert ist. Die Securitys sind angehalten, den Konsum in der Nähe von Kindern zu unterbinden. Der Handel auf dem Berg ist absolut verboten.

Ansonsten hat sich das Sicherheitskonzept in den vergangenen Jahren bewährt. Dazu zählen auch punktuelle Taschenkontrollen und eine Überwachung des Festgeländes mit Videokameras. Neben der Aufklärung etwaiger Straftaten sollen so vor allem die Besucherströme bei Bedarf gesteuert werden können. Denn auch das dichte Gedränge gehört bei der Bergkirchweih dazu. Regelmäßig werden rund eine Million Besucher in den Biergärten unter großen Laubbäumen erwartet. Der "Berch" hat eine lange Tradition.

Die Erlanger Bergkirchweih ist Deutschlands ältestes Bierfest, deutlich älter als das Münchner Oktoberfest und das Gäubodenfest in Straubing. Sie geht zurück auf das Jahr 1755. Damals haben die Erlanger den Pfingstmarkt und das Schützenfest vor den Toren der Stadt zusammengelegt.

Bergkirchweih beginnt am Donnerstag vor Pfingsten

Immer ab Donnerstag vor Pfingsten geht's rund in der Hugenottenstadt – zwölf Tage und zwölf Nächte lang. Die einen hocken gesellig beieinander, die anderen verwandeln den Berg zur Partymeile. Über eine Million Besucher kommen auf den "Berch", wie die Franken sagen.

Alles was Rang und Namen hat – Politiker aus Stadt und Land, Hochschulprofessoren, Konzernchefs, und vor allem jede Menge ganz normale Leute besuchen das Fest. So wie Herbert Kraus, der schon seit Jahrzehnten Bergfan ist: "Wir kommen schon seit 1973 jedes Jahr zum Frühschoppen. Früher haben wir noch in der Altstadt gewohnt, da waren wir dann zehn Tage am Berg oben. Früh rauf, bsuffn ham, Kaffee trinken, Rausch ausschlafen, am Abend rauf, bis in die Nacht gefeiert. Jetzt sind wir älter geworden, jetzt tun wir nicht mehr so narrisch."

Brotzeit mitbringen erlaubt "auf den Kellern"

Die Bergkirchweih – das sind besonders lauschige "Keller" am Erlanger Burgberg – schön schattig sitzen die Menschen, nicht im Zelt, sondern unter alten Linden, Buchen und Kastanien, immer weht ein Lüftchen. "Auf den Keller gehen" meint in Franken "in den Biergarten gehen". Oben wird das süffige Bier getrunken, darunter, in Felsenkellern, das Bier gelagert. Und auch zur Bergkirchweih darf jeder seine Brotzeit von zuhause mitbringen – selbstverständlich.

Die Keller in Erlangen sind deutlich älter als die Bergkirchweih. Erste Nachweise liegen rund 350 Jahre zurück. In den Kellern hat es Sommer wie Winter um die acht Grad Celsius. Dank dieser Lagerstätte war Erlangen vor der Erfindung der Kältemaschine zeitweilig Bayerns größte Bierexport-Stadt.

Brezenhimmel hat überzeugt

Am Fuße des Bergs liegt die Backstube von Bäckermeister Jonas Gulden. Sein Arbeitstag hat derzeit 22 Stunden. In Franken gab es früher kaum Laugenbrezen, sondern Salzstangen. Die Salzbrezen nach dem Rezept seines Großvaters sind am Berg besonders begehrt. Jonas Gulden erinnert sich an die Erzählungen seines Opas: "1960 hatte mein Großvater als Symbol für die Bäcker eine große Breze ausgehangen. Und diese Breze, die gar nicht zum Verkauf gedacht war, – damals waren die Amerikaner noch in Erlangen – die wollte ein GI kaufen und hat zehn Dollar dafür geboten. Das war damals richtig viel Geld und dann wurde die Breze auch verkauft und so ging es los, dass mein Großvater mit diesen großen Brezen angefangen hat."

Auch Mutter Inge Gulden-Bornitzky war damals dabei: "Und dann haben wir die Brezen alle aufgehängt in einem großen Brezenhimmel. Und die Leute kauften keine Salzstangen mehr, sondern alle wollten Brez'n."

Hut und Anzug statt Lederhose und Dirndl

Wenn am Pfingstwochenende die Sonne scheint, dann ist ganz Erlangen auf den Beinen. Und ganz viele, die mal hier gearbeitet oder studiert haben, kommen für ein paar Tage aus aller Welt zurück.

Vor allem die jungen Leute drängen heute mit Dirndl und Lederhose gekleidet auf die Bergkirchweih. Viele halten das für Tradition. Das ist es aber gar nicht. Filmaufnahmen des Stadtarchivs zeigen, dass man früher im "Sonntagsstaat" auf den Berg ging – im Kleid mit Hut, im Anzug mit Spazierstock. Der Frühschoppen war ein gesellschaftliches Ereignis, elegante Kleidung selbstverständlich.

Anfang des 20. Jahrhunderts begannen die Erlanger ihre "Kerwa" mit Plakaten zu bewerben und auch damals kamen schon Tausende.

Fränkische Köstlichkeiten und Biervielfalt

Eine Stadtwurst mit Musik, Ent'n, Hax'n, ein Schäuferla: Zur Bergkirchweih gibt's natürlich fränkische Küche. Und dazu seit Neuestem auch selbstgebrautes Bier, etwa von der einzigen Brauerei in den Kellern. Vincenz Schiller, Kellerwirt in dritter Generation, ist auch Braumeister. "Jetzt können wir wirklich behaupten, dass wir ein Kellerbier brauen, was den Namen verdient", meint er. "Es wird nicht nur hier am Keller getrunken, sondern es wird tatsächlich im Keller gebraut. Das kommt so gut an, dass ich jetzt schon ein wenig mit der Sorge kämpfe, dass es hintenraus nicht reichen könnte."

Für die Bergkirchweih hat Schiller selbstverständlich ein besonderes Festbier eingebraut – das ist üblich im Bierland Franken. Jeder Braumeister hat sein eigenes Rezept, deshalb schmeckt das Bier überall anders. Der erste Abend auf der Bergkirchweih wird deshalb auch Bierprobe genannt. Manche sollen tatsächlich jeweils von den sechs oder sieben angebotenen Sorten probieren.

Anzapfen ist wie Elfmeterschießen

Am Berg trifft sich der amtierende Oberbürgermeister auch gerne mit seinen zwei Amtsvorgängern. Erlangens Alt-OB Dietmar Halweg (SPD) erinnert sich an seine Versuche, das erste Fass anzuzapfen.

"Anzapfen ist immer wie Elfmeterschießen. Das kann durchaus danebengehen." Erlangens Alt-OB Dietmar Halweg (SPD)

Und sein Nachfolger Siegfried Balleis (CSU) ergänzt: "Also ein bisschen Anspannung ist immer dabei. Natürlich auch: Wie viele Schläge braucht man, das ist das, was die Leute interessiert. Zwei, drei, vier oder fünf – das ist dann schon sehr kritisch."

Für den aktuellen Amtsinhaber Florian Janik (SPD) ist der schönste Berg-Moment immer der letzte Abend, wenn nach zwölf Tagen unter den Klängen von Lilli Marlen das letzte Fass beerdigt wird: "Dann ziehen alle ihr Taschentuch raus. Das finde ich den emotionalsten Moment."

"Unter unserem Himmel" sendet Porträt vom "Berch"

Im vergangenen Jahr hat ein BR-Team die Erlanger Bergkirchweih mit seinen bunten Facetten gefilmt – von der Klofrau bis zum Festwirt, von der Schaustellerin bis zum Bierbrauer. Ganz viele Besucherinnen und Besucher erzählen die Geschichte des Bergs aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. So ist ein 45-minütiges Porträt entstanden, das am Pfingstsonntag um 19.15 Uhr im BR Fernsehen gesendet wird. Aktuell können Sie den Film "Der Berch ruft" schon in der ARD-Mediathek sehen.

Anmerkung der Redaktion: Zur Eröffnung der Erlanger Bergkirchweih war gegen 16:50 Uhr ein BR24live angekündigt. Dieses musste aufgrund von technischen Schwierigkeiten ersatzlos entfallen.

Erlangens Oberbürgermeister Janik (li.), Politiker und Festwirte prosten sich auf der Bergkirchweih zu.
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Die erste Maß auf dem Berch schmeckt besonders gut. Da will auch die Politik-Prominenz dabei sein.

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